Holz-Beton-Verbund (HBV)

Holz-Beton-Verbund

Bei der Sanierung von Altbauten steht man häufig vor der Aufgabe, bestehende Holzbalkendecken auf den heutigen Stand der Technik zu bringen. Da es sich meist um Wohnungstrenndecken handelt, sind gleichzeitig eine Vielzahl von Anforderungen zu erfüllen:

–    statische Tragfähigkeit (Grundvoraussetzung)

–    Brandschutz

–    Luft- und Trittschallschutz

–    Gebrauchstauglichkeit (Durchbiegung, Ebenheit, Schwingungsanfälligkeit)

Als Hauptproblem stellt sich die Herstellung eines ausreichenden Schall- und Brandschutzes heraus, da dies immer mit einer Vergrößerung des Eigengewichts verbunden ist – sei es die Erhöhung der Masse der Decke an sich zur Verbesserung der Luftschalldämmung, sei es ein schwimmend zu verlegender Estrich zur Reduktion des Trittschallpegels oder sei es eine abgehängte Decke aus optischen Gründen oder zur Erhöhung des Feuerwiderstandes von unten. Immer hat die nach heutigem Sicherheitsniveau meist schon im Ist-Zustand nicht mehr standsichere Holzbalkendecke noch weitere Lasten aufzunehmen, wozu sie ohne Ertüchtigung nicht in der Lage ist.

Abb. 1: Dachboden vor der Betonage in der Tulbeckstraße 17b

Lösung

Es liegt somit nahe, diejenige Masse, die für den Schallschutz oder Brandschutz nötig oder willkommen ist, nicht nur als schlaffe, passive Masse in das Bauwerk einzubringen, sondern sie zur Lastabtragung zu aktivieren oder besser gesagt zu zwingen.

Um dies zu bewerkstelligen, hat sich in den letzten Jahren die Holz-Beton-Verbund-Bauweise als elegante und wirtschaftliche Lösung herausgestellt. Dabei wird auf die bestehende Balkenlage eine ca. 6 cm starke Betonplatte gegossen, die für sich selbst nicht tragfähig ist. Auch die Holzbalkendecke würde durch das zusätzliche Betongewicht versagen – zumindest rechnerisch. Erst durch eine schubsteife Verbindung zwischen Holzbalken und Betonplatte wird das sich gegenseitige Verschieben verhindert und es entsteht so ein Plattenbalken, der eine vielfach höhere Tragfähigkeit besitzt als die reine Holzbalkendecke. Ohne eine Schubverbindung zwischen Holzbalken und Betonplatte, wäre der Beton nur passive Last.
Zur Herstellung dieses Schubverbundes, hat sich in der Praxis ein bauaufsichtlich zugelassenes HBV-System bewährt.
Als Schubverbinder dienen hier speziell gehärtete und korrosionsgeschützte Verbundschrauben (HBV-Anker), die oberseitig schräg in die Holzbalken ohne Vorbohren eingeschraubt werden und deren Schaft eine Profilierung aufweist, um sich in der Betonplatte verankern zu können. Sie zwingen, vereinfacht gesagt, dem Beton die Druckkräfte (wofür dieser geradezu prädestiniert ist) und den Holzbalken die Zugkräfte auf.

Abb.2: sanierter Bodenaufbau als Top-Floor-Konstruktion

Einsatzbeispiele aus der Praxis

Bei einer Generalsanierung des Wohnhauses Tulbeckstraße 17b in München (Abb.1) wurden die Holzbalkendecken mit einem HBV-System ertüchtigt. Abb. 2 zeigt den Deckenaufbau nach der Sanierung. Um die Verbesserung des Schallschutzes zu quantifizieren, wurden vor Beginn und nach Abschluss der Sanierung durch das Büro Müller-BBM Luft- und Trittschallmessungen durchgeführt. Angestrebt war das Erreichen des Mindestschallschutzes (SSt I); es stellte sich jedoch heraus, dass sogar die SSt III erreicht wurde (Abb. 3).

Abb. 3: Ergebnisse der Schallmessungen vor und nach der Sanierung

Wird nur das Dachgeschoss ausgebaut und ist eine Unterstützung der Decke für den Betonierzustand nicht möglich, weil z.B. das Geschoss darunter bewohnt ist, dann können die Holzbalken auch temporär an den Dachstuhl gehängt werden, der für diese Belastung selbstverständlich nachzuweisen ist (s. Abb. 4).

Abb. 4: Aufhängen der Decke an den Dachstuhl im Betonierzustand, Lucile-Grahn-Str. 40, München

Mitunter ist man in der Aufbauhöhe des Fußbodens sehr eingeschränkt, z.B. wegen der Türstockhöhen, anschließender Treppenpodeste, Brüstungshöhen o.ä.
In diesen Fällen wird die Betonplatte nicht auf die Balken gegossen (Top-Floor), sondern dazwischen (Slim-Floor). Hierzu wird die Schüttung auf dem Fehlboden entfernt (z.B. durch Absaugen), die HBV-Anker werden seitlich in die Balken geschraubt, und der Fehlboden dient als verlorene Schalung.

Um das Zuschneiden der zur Tragfähigkeit in Querrichtung und zur Risseverteilung nötigen Mattenbewehrung zu vermeiden (ist insbesondere bei nicht äquidistanten Balkenlagen aufwendig), kann ein stahlfaserbewehrter Beton zum Einsatz kommen wie bei der Deckensanierung im Kloster St. Bonifaz, München (s. Abb. 5).

Abb. 5: Slim-Floor-Konstruktion unter Einsatz von stahlfaserbewehrtem Beton

Ausblick

Die Holz-Beton-Verbundtechnik ist nicht allein auf die Sanierung von Holzbalkendecken beschränkt. Sie eignet sich genauso gut im Neubau. So lassen sich Deckenelemente vorfertigen, die bauseits verlegt werden. Eine Ortbetonergänzung wie sie bei den Filigranplatten üblich ist, kann entfallen.
Auch für Dachstühle bieten vorgefertigte Holz-Beton-Verbundelemente einen hervorragenden sommerlichen Wärmeschutz.

Vorteile im Überblick

    wirtschaftliches System zur Ertüchtigung bestehender Holzbalkendecken

    bauaufsichtlich zugelassenes System, das in der Handhabung einfach ist

    kein speziell geschultes Personal nötig

    keine Spezialwerkzeuge oder Lehren erforderlich

    für den Baustelleneinsatz robust genug

    deutliche Erhöhung der Tragfähigkeit der Decke

    gleichzeitig horizontal aussteifend durch Scheibenwirkung

    keine Fremdüberwachung auf der Baustelle erforderlich

    guter Schallschutz, da hohes Eigengewicht; zusätzliche Lasten aus schwimmendem Estrich oder abgehängter Decke sind problemlos aufnehmbar

    erhöhter Brandwiderstand

    kein “Karren und Knarzen”

    deutliche Reduktion der Schwingungen

    ebene Oberfläche bei durchhängenden Decken problemlos realisierbar

    Anschluss von thermisch getrennten frei auskragenden Balkonen ist möglich